Eine Gesellschaft kann nur existieren, wenn alle Generationen zusammenarbeiten.
Derzeit kippt das.

Kurt F. Domnik / pixelio.de

 

 

Viel wird über die Jungen geschimpft. Desinteressiert seien sie, unwillig und überheblich. Aber es sind immer die Älteren, die hier ihre Kritik anbringen. Davon, wie es den Jungen geht, ist kaum etwas zu hören oder zu lesen. Sie kommen gar nicht zu Wort.

Dabei zeigen Jugendstudien, wie sehr sie von Unsicherheit, Ohnmacht und Zukunftsängsten geplagt werden. Die ständige Kritik kränkt sie und sie fühlen sich allein gelassen.

 

Ein Weltbild des Niedergangs war die geistige Nahrung de Jüngeren

Die Älteren übersehen das geistige Brot, mit dem junge Leute seit zwei Jahrzehnten heranwachsen. Sie finden keine Orientierung, weil sie von klein auf dem Trommelfeuer unablässigen Krisengeredes ausgesetzt sind, begleitet von zunehmendem Pessimismus der Älteren.

Ihnen wird ein Weltbild von unablässigem Niedergang vermittelt, in dem es keine Freude gibt. Sie sind umgeben von demotivierten Älteren, die ihre Arbeit nicht mögen und dennoch weitermachen. Gründe, warum sich ein junger Mensch engagieren sollte, erfahren sie kaum. Dafür hören sie umso mehr von Arbeitslosigkeit, Burnouts und Massenentlassungen. Das ist keine Perspektive, auf der ein junger Mensch seine Zukunft aufbauen kann.

 

Die Älteren erkennen die zentralen Fragen nicht

Vielen Älteren fallen die Nöte der Jungen gar nicht auf, weil sie sich in ihrem Urteil über die anders tickende Jugend so sicher sind. Grund dafür ist die Veränderung von Wahrnehmung übe die Lebenszeit. Als Faustregel gilt, das alles, was zur Geburt existiert, al normal empfunden wird. Alles, was in den ersten drei Lebensjahrzehnten eines Menschen entwickelt wird, gilt als spannend und bereichernd. Aber alles, was danach kommt, wird als Störung der Ordnung der Dinge und als Bedrohung wahrgenommen. Dieser Mechanismus hat eigentlich die Aufgabe, die Kraft der Jugend mit der Besonnenheit des Alters zu verbinden.

Zukunft ist ein Teamsport und benötigt zur Entwicklung gut funktionierender, zukunftsfähiger Gemeinschaften die Fähigkeiten jedes Lebensalters.

 

Enkeltauglichkeit ist die eigentliche Kernaufgabe der Älteren

In einer solchen Welt übernähmen die Älteren Verantwortung für die Entwicklung der Jungen. Deren Wachstum stünde im Zentrum ihrer Aufmerksamkeit. Sie würden einen geistigen Raum und Perspektiven schaffen, in dem sich Jüngere voll Zuversicht entwickeln könnten.

Diesen Weg einzuschlagen ist in Zeiten allgemeinen Umbruchs gar nicht so schwer. Der erste Schritt besteht darin, ein feines Gehör für jene fundamentalen Fragen zu entwickeln, die junge Menschen heute mehr denn je bewegen: Was ist relevant? Wohin soll ich mich wenden? Was soll ich tun, wenn ich nicht mehr weiterweiß? Der zweite Schritt besteht darin, stets Freude und Lebensmut des Anderen im Blick zu haben und sich an seinem Lächeln zu erfreuen.

 

Lebenssinn wäre dabei zu gewinnen

Auf Ältere, die sich bewusst und gewissenhaft dieser Aufgabe stellen, wartet erheblicher Gewinn. Denn sie werden Achtung und Bedeutung erfahren, sich selbst als Gestalter erleben und an dieser Aufgabe bis ins hohe Alter weiter wachsen. Ihr Leben wird sich mit Sinn füllen.

(Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in der Tiroler Tageszeitung vom 25.3.2018)